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Aus unserer Reihe „Wie wird man Fachanwalt und was macht eigentlich ein Fachanwalt?“ Heute: Wie wird man Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht?

Voraussetzung für die Verleihung der Bezeichnung als Fachanwältin oder Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ist zunächst – wie für jede andere Fachanwaltsbezeichnung auch – gem. § 3 FAO eine dreijährige Zulassung und Tätigkeit innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung.

 

Für die Verleihung einer der Bezeichnung als Fachanwältin oder Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sind gem. § 2 Abs. 1 FAO besondere theoretische Kenntnisse und besondere praktische Erfahrungen nachzuweisen.

 

Zum Nachweis der besonderen theoretischen Kenntnisse ist ein Fachanwaltslehrgang für Handels- und Gesellschaftsrecht zu absolvieren. Dieser umfasst gem. § 4 Abs. 1 FAO mindesten 120 Stunden und erstreckt sich auf alle nach § 14i FAO nachzuweisenden besonderen Kenntnisse.

 

Der Lehrgang umfasst das materielle Handels- und Gesellschaftsrecht sowie die Bezüge zu anderen Rechtsgebieten und die Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung. Im Bereich des materiellen Handelsrechts werden neben dem nationalen Handels- und Vertriebsrecht auch die Bezüge zum internationalen Kaufrecht, insbesondere zum UN-Kaufrecht, vermittelt. Im materiellen Gesellschafts-recht werden das Personengesellschaftsrecht, das Kapitalgesellschaftsrecht, das internationale Gesellschaftsrecht, das Konzernrecht und das Umwandlungsrecht behandelt. Hinzu kommen die Grundzüge des Bilanzrechts und Steuerrechts sowie des Dienstvertrags- und Mitbestimmungsrechts. Darüber hinaus werden die Bezüge des Handels- und Gesellschaftsrechts zum Arbeitsrecht, Kartellrecht, Handwerks- und Gewerberecht, Erb- und Familienrecht, Insolvenzrecht und Strafrecht sowie die Bezüge des Aktienrechts zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmerecht behandelt.

 

Durch eine schriftliche Leistungskontrolle gem. § 4a FAO am Ende des Fachanwaltslehrgangs wird der Erwerb der besonderen theoretischen Kenntnisse nachgewiesen. Hierzu sind in der Regel drei Klausuren mit einer Bearbeitungszeit von jeweils fünf Zeitstunden in Präsenzform aus den verschiedenen Fachgebieten des Lehrgangs zu bestehen.

 

Der Erwerb der besonderen praktischen Erfahrungen setzt im Handels- und Gesellschaftsrecht gem. § 5 Abs. 1 p) FAO voraus, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung mindestens 80 Fälle aus mindestens drei verschiedenen Bereichen des materiellen Handels- und Gesellschaftsrechts persönlich und weisungsfrei bearbeitet hat. Davon müssen mindestens 40 Fälle gerichtliche Streitverfahren, Schieds- oder Mediationsverfahren und/oder die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegen-stand haben. Von diesen 40 Fällen müssen mindestens 10 Fälle gerichtliche Streitverfahren oder Schieds- oder Mediationsverfahren und mindestens 10 Fälle die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegenstand haben.

 

Damit wird sichergestellt, dass eine Fachanwältin oder ein Fachanwalt für Handels- und Gesellschafts-recht über umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts verfügt und diese auch in der Praxis anwenden kann.

 

Nach Erfüllung der genannten Voraussetzungen kann bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer ein Antrag auf Verleihung des Titels Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht gestellt werden. Über die Verleihung entscheidet der Prüfungsausschuss der Rechtsanwaltskammer.